Der 5-jährige Wallach Leon ist seit 1,3 Jahren bei Kerstin. Leon ist ängstlich und zeigt diverse Schwierigkeiten beim Reiten. So bleibt er dabei häufig verkrampft stehen, entzieht sich allen Hilfen und zeigt Schwierigkeiten beim Äppeln. Seine Besitzerin hat ihn vor einem Jahr auf einer Auktion gekauft. Sie ist Trainerin und möchte ihn gern für sich selbst als Reitpferd ausbilden und sucht nach Ansätzen, um seine Probleme beim Reiten zu lösen.
Erster Eindruck
Leon kommt mir etwas unsicher entgegen und bleibt zögernd in einigem Abstand stehen. Er möchte mich vor allem mit seinem linken Auge im Blick haben. Er wirkt sehr freundlich und sanft. Sein Wesen wirkt jung, geradezu kindlich. Ein Stück Kindheit wurde ihm aber genommen, wie er sagt.
Ich fühle, dass ein Schatten unbewältigter Erlebnisse auf ihm lastet, der ihn niederdrückt und der seine Offenheit und Neugierde auf die Welt beeinträchtigt. Er ist unsicher, seelisch aus der Balance geworfen, und neigt dazu, sich aufzuregen und Stress zu empfinden.
„Ich bin oft unsicher, wie ich mich Menschen gegenüber verhalten soll. Wie ich alles richtig mache, so dass ich sie zufriedenstelle. Ich möchte gern meine Menschen zufriedenstellen. Aber es wurde oft zu viel von mir erwartet, ich fühlte mich oft gequält und überfordert.“
Was hast du erlebt?
Leon begleitet eine traumatische Vorerfahrung von früheren Besitzern. Er sagt, er hatte vor Kerstin zwei andere Besitzer. Bei der letzten Besitzerin war er nur sehr kurz. Auch die Erfahrung des Versteigertwerdens hat ihn gekränkt und belastet ihn noch immer seelisch. Leon hat es als sehr erniedrigend empfunden, wie man ihn als Ware feilgeboten hat. Von Seiten seiner letzten Besitzer gab es wenig Zuneigung ihm gegenüber. Ihre Erwartungen konnte er nicht erfüllen und sie haben ihn dann aus seiner Sicht regelrecht abgeschoben.
„So wie ich angeboten wurde, kann ich nicht viel Wert sein. Man wollte mich einfach nur loswerden, weil ich die Erwartungen auf Turnieren nicht erfüllen konnte.“
Außerdem wurde Leon aus seiner Sicht zu früh angeritten und man ist brutal mit ihm umgegangen. Reiten verbindet er mit Druck und Stress, alles musste schnell gehen. Er fühlte sich häufig überfordert. Er war schon als junges Pferd auf Turnieren. Leon stammt aus einer Leistungszucht mit entsprechendem Sportpferde-Lebenslauf. Er leidet bis heute unter den Methoden einer zu frühen und auch gewalttätigen Ausbildung.
Wie fühlst du dich in deinem jetzigen Stall?
„Ich fühle mich sehr wohl hier. Hier ist das beste Zuhause, das ich jemals hatte. Aber ich weiß aber nicht, warum Kerstin mich zu sich geholt hat. Ich vermute, sie will mich ausbilden und wieder verkaufen. Davor habe ich Angst.“
Nun führt mich Leon durch sein Zuhause. Er zeigt mir eine größere Stallanlage, weitläufig mit weitläufigen Wegen und großer Halle, sowie mit einem großen Platz. Ich sehe auch eine Führanlage oder Roundpen. Ich sehe verschiedene andere Pferde, eine braune Stute, mit weißem Abzeichen, auch noch ein helles fuchsfarbiges Pferd.
Wie geht es dir mit deiner Besitzerin?
Leon zeigt mir Kerstin als schlanke junge Frau, mit dunkelblonden längeren Haaren. Sie ist energisch und selbstbewusst, mit klaren Absichten.
„Ich mag sie sehr gern. Sie ist sehr nett zu mir, tut mir nicht weh. Aber sie hat auch wenig Zeit. Sie weiß immer genau was sie will. Ich weiß es leider nicht immer und ich verstehe auch nicht immer alles. Dann werde ich unsicher und bekomme Angst. Sie hat noch andere Pferde und ich bin nicht ihr einziges Pferd. Ich bin auch nicht ihr wichtigstes Pferd. Ich befürchte, dass sie mich auch wieder verkaufen wird.“
Wie fühlst du dich beim Reiten/ bei der Arbeit?
„Ich bin aufgeregt, manchmal mehr und manchmal weniger. Beim Reiten fängt mein Bauch oft an zu drücken, das ist sehr unangenehm. Es fühlt sich an als würde ich aufgepustet. Er drückt und zwickt.“
Auf welcher Seite tut es mehr weh?
„Auf der rechten Seite. Und am Rücken.“
Passiert das auch, wenn Kerstin mit dir am Boden arbeitet?
„Ja, wenn sie mich herumschickt (longiert?). Das ist sehr unangenehm für mich. Ich finde es auch entwürdigend. Ich bekomme Angst. Es fällt mir schwer auf kleiner Kreisbahn zu laufen. Überhaupt im Kreis zu laufen.“ (Zeigt mir auch Knotenhalfter, Arbeitsseil).
Ich fühle mich in Leon ein, es fühlt sich wie ein Krampf im Bauch an. Der Darm zieht sich zusammen, aber gleichzeitig gibt es keine Darmbewegung. Die Bauchmuskulatur und der Rücken verkrampfen. Ich fühle Stiche in den Nieren.
Wo liegt dein Problem? Ist es körperlich? Oder in deinem Kopf?
„Ich weiß es nicht. Ich fand es noch nie toll, was Menschen mit mir machen. Meist jedenfalls nicht. Ich habe Angst davor, weil es oft wehgetan hat. Ich wurde auch oft geschlagen. Ich fühle mich besser, wenn ich in Ruhe gelassen werde. Dann geht es mir besser.“
Bodyscan
Ich versetze mich in Leon hinein und spüre Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und einen Körper, der dauergestresst ist. Folgende Blockaden werden beim Body-Scan angezeigt:
- Kopfschmerz
- Nackenschmerz
- BWS/ Bereich Widerrist
- Nieren
- Magen
- Dickdarm
Ich bedanke mich bei Leon und richte ihm aus, dass ich seiner Besitzerin alles mitteilen werde.
Nachtrag:
Losgelassenheit des Pferdes (und nicht Verkrampfung) streben zumindest seriöse Reiter beim Reiten an. Davon ist Leon weit entfernt. Er ist traumatisiert und blockiert bei der Arbeit mit Menschen. Sein Körper spielt verrückt und macht nicht mehr mit. Auch wenn seine neue Besitzerin freundlich mit ihm umgeht und ihn mit modernen pferdefreundlichen Ansätzen trainiert und reitet, ist Leon zur Zeit eigentlich nicht reitbar. Für Leon wende ich eine Antistresstechnik an.
Nach dem Telefonat mit der Besitzerin nehme ich nochmals Kontakt zu Leon auf, um ihm mitzuteilen, dass sie ihn wirklich sehr gern hat und dass er nicht weiterverkauft wird. Er reagiert sehr erleichtert. Ich empfehle der Besitzerin, Leon homöopathisch behandeln zu lassen und sein Futter umzustellen. Ich empfehle ihr, die Beziehung zu ihrem Leon vom Boden aus neu zu starten und von dem Begriff „Training“ zunächst Abstand zu nehmen, damit Leon eine Chance bekommt, aus seinem Schneckenhaus herauszukommen, Vertrauen zuzulassen und mit seinem neuen Menschen neu anzufangen.