Zorro war 20 Jahre lang das Reitpferd von Madeleine, sie trainierte ihn liebevoll und professionell vor allem dressurmäßig. Aufgrund seines Alters hat sie ihn vor einigen Monaten in Rente geschickt. Er bewohnt mit anderen Pferden gemeinsam eine riesige Rentnerweide und sie besucht ihn am Wochenende und reitet ihn auch manchmal noch durch die Wälder. Madeleine ist Zorros Wohlergehen wichtig, sie möchte in der Tierkommunikation erfahren, wie er sich im Ruhestand fühlt.
Erster Eindruck
Zorro ist ein sehr großer, sensibler Wallach. Er zeigt sich gutmütig, wirkt aber auch so als wäre er schnell zu verunsichern. Er ist menschenbezogen, hängt vor allem an seiner Besitzerin Madeleine. Er vermisst sie. Gleich zu Anfang kann ich schon sehen, dass er als junges Pferd sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat und dass er mit Madeleine am Anfang eine schwierige Zeit hatte. Bei der Tierkommunikation zeigt er sich eher traurig und frustriert.
Wie geht es dir?
„Es geht mir gut. Ich fühle mich aber manchmal erschöpft und müde. Was möchtest du denn wissen?“
Fühlst du dich in der Herde wohl?
„Es ist eine große Herde. Hier ist man nie allein. Früher habe ich nicht mit so vielen anderen Pferden zusammen gelebt. Es ist schon ganz schön anstrengend. Wir sind immer draußen. Einige sind nicht besonders nett. Und ich mag auch nicht jeden. Wir gehen uns aus dem Weg zu gut es geht. Beim Fressen geht es nicht immer. Beim Liegen auch nicht. Ich liege hier weniger als früher. Manchmal bin ich deswegen müde. Es ist irgendwie auch schön hier, aber deutlich stressiger als früher. Wir Pferde wollen ja nicht gern allein stehen, so schauen wir immer mit wem wir gerade zusammen stehen können. Manchmal muss man dann dort weggehen.“
Zorro selbst ist ziemlich verträglich mit anderen Pferden, geht Streit aus dem Weg. Er zeigt mir ein braunes Pferd und einen Rappen (Wallache), die er mag. Eine zickige Schimmelstute ist auch dabei, die mag er aber nicht so. Enge Bindungen hat er nicht in der Herde.
„Ich finde es ein bisschen schade, dass ich nicht mehr so oft mit Madeleine zu tun habe. Manchmal fühle ich mich von ihr abgeschoben. Was soll ich hier den ganzen Tag?“
Wie fühlst du dich körperlich? Hast du Schmerzen?
„Ich habe keine Schmerzen. Der Winter war nicht schön hier draußen. Ich vermisste meine Box. Ich hatte keine Lust, mich viel oder schnell zu bewegen. Aber nun ist es besser und ich fühle mich auch wieder fitter.“
Body-Scan
Für den Bodyscan fühle ich mich in Zorro hinein. Ich nehme so am eigenen Körper Zorro Blockaden wahr.
Körpergefühl: Schlapp, antriebslos
- Vorderbeine etwas steif
- Nacken/ Genick (2. Halswirbel) leicht blockiert
- Atemwege: bekommt nicht so gut Luft (Auch die Bronchien spüre ich)
- leichter Druck im Bauch, vielleicht vom Gras oder eine generelle Empfindlichkeit
Nach dem Body-Scan ist mir unklar, warum Zorro in Rente ist, er ist insgesamt recht fit. Und sehnt sich nach seiner Besitzerin.
Möchtest du, dass ihr Sonntags ab und zu ins Gelände ausreitet? Oder nur putzen und Müsli bringen?
„Ich habe es gern, wenn Madeleine etwas mit mir macht. Reiten macht mir nichts aus, meistens nicht jedenfalls. Madeleine ist nicht schwer zu tragen. Manchmal möchte ich aber nicht weg vom Stall. Sie könnte mich reiten, z.B. ohne Sattel, das mag ich. Aber Madeleine hat wohl nicht mehr so viel Lust, auf mir zu reiten. Und ich kann nicht mehr so anspruchsvoll laufen wie früher. Sie reitet jetzt andere Pferde, hat weniger Zeit für mich.“
Gefällt es dir gut in deiner jetzigen Herde? Oder möchtest du lieber bei Madeleines Bekannten im Stall stehen?
„Ich komme hier schon klar. Aber wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre ich lieber dort. Ich habe gute Erinnerungen an sie. Ich wäre gern näher bei den Menschen die ich kenne und mag.“
Du kämst nachts in eine Box.
„Das macht mir nichts aus. Ich hätte etwas mehr Ruhe.“
Du hättest weniger Platz zum Herumlaufen.
„Weißt du, wir Stallpferde sind manchmal sogar überfordert mit wahnsinnig viel Platz. Wir möchten bei unserer Herde sein, das ist das wichtigste.“
Soll Madeleine dich öfters besuchen?
„Oh ja, ich habe es so gern, wenn sie kommt und mich besucht. Es gibt mir so ein Gefühl von Wichtigkeit. Ich fühle mich manchmal vernachlässigt, vergessen, einsam.“
(Gefühl der Hoffnungslosigkeit kommt hoch)
Madeleine denkt bestimmt, dass eine Rentnerherde lustiger für dich ist, als immer auf sie zu warten. –Und, dass du mehr Beschäftigung hast.
„Madeleine hat mich in Rente geschickt, weil sie eine Entscheidung treffen wollte. Sie hat gedacht, dass sie nicht mehr so viel mit mir machen kann oder möchte. Aber die Herde ist für mich kein richtiger Ersatz. Ich merke, dass ich oft auf sie warte und wenn Menschen kommen, dann schaue ich, ob sie es ist. Ich denke darüber nach, dass ich nun kein Reitpferd mehr bin und frage mich, ob ich versagt habe, oder schon so alt bin. Ich fühle mich gar nicht so alt.“
Menschen möchten ein treues älteres Pferd nicht so gern jahrelang auf einem Paddock gelangweilt stehen sehen…
„Wir sind das Herumstehen doch gewöhnt! Es ist nicht gut, wenn man gar nicht mehr gearbeitet wird. Am besten wäre es, wenn sich so wenig wie möglich ändern würde. Dieselben Menschen, dieselben Pferde und auch der Kontakt ist mir wichtig. Ich werde doch jetzt nicht zum Wildpferd, nur weil ich alt bin.“
Ich bedanke mich bei Zorro für die geteilte Weisheit und verspreche ihm, mit Madeleine über alles zu sprechen.
Nachtrag
Zorros Besitzerin erkannte ihr Pferd direkt wieder. Ihre Skepsis bzgl. den Möglichkeiten der Tierkommunikation legte sie daher direkt ab. Sie war verblüfft über die reflektierte Art, in der Zorro seine und ihre Situation analysiert hatte. Sie kündigte seinen Platz im Rentnerstall und brachte ihren rüstigen Senior in den Stall ihrer Bekannten, wo nur eine Handvoll anderer Pferde sich Weide und Paddock teilen, dafür aber Reithalle und Ausreitgelände vorhanden sind. Als sie mir einige Monate später schrieb, teilte sie mir begeistert mit, welchen Wandel Zorro durchgemacht hat. Er sei wie aus dem Jungbrunnen gestiegen, voll motiviert, fröhlich und total integriert in die kleine Herde, in der er sich vor allem bei den Stuten sehr beliebt macht. Sie selbst genießt es, ihn fast täglich zu sehen und auch wieder öfter mit ihm zu trainieren.