Vor 5 Jahren lief Moritz seinen Menschen Heike und Albert zu. Er zeigt sich als ernster Kater, der eigenwillig ist und dem seine Gewohnheiten wichtig sind. Er ist bei seinen Menschen treu und kommt pünktlich nach Hause, zieht sich dort aber in einen Nebenraum zurück. Moritz zeigt mir, dass er in seinem Leben viel herumgekommen ist. Bei seinen Menschen bleibt er freiwillig, weil sie ihm seine Freiheit lassen. Das Tiergespräch wurde beauftragt, weil Moritz sich noch mehr zurückzieht als früher.
Wie geht es dir?
Moritz zeigt mir, dass er sich körperlich schwach und müde fühlt. Die Herbstkälte macht ihm mehr aus als früher, er möchte gern im Warmen liegen. Sein Herzschlag wirkt verlangsamt und etwas unregelmässig.
Hast du Schmerzen?
„Ja, im Rücken drückt es, vor allem beim Laufen. Wenn ich Pipi mache, zieht es. Und mein Bauch schmerzt, habe wenig Hunger.“
Wie ist es mit Fressen? Möchtest du etwas anderes fressen?
Moritz hat wenig Appetit. Er bekommt Trockenfutter (Diätfutter offenbar), mag nichts anderes.
Wie geht es dir sonst, Moritz? Bist du bedrückt oder traurig?
„Ich bin alt und krank, nicht traurig. Es ist ein normaler Prozess. Ich mache mich langsam auf den Weg, meinen Körper zu verlassen. Dass mein Körper immer schwächer wird, gehört einfach dazu.“
Er zeigt mir, dass er sich aber auch unsicherer fühlt und das Bedürfnis hat, sich zu verkriechen, Schutz zu finden.
Deine Menschen Heike und Albert möchten wissen, wie sie dir helfen können?
„Es ist wunderbar, was sie alles für mich tun möchten. Auch wenn mir nicht alles davon gefällt. Aber es hilft mir eigentlich nicht. Ich möchte eigentlich nur in Ruhe gelassen werden. Es wäre das Schönste für mich, wenn meine Menschen meinen Zustand einfach akzeptieren könnten und mich so sein lassen und mich meinen Abschied vorbereiten lassen.
Sie können aber bei mir sein. Es ist schön, zu wissen, dass ich ihnen wichtig bin. Ich möchte im Augenblick nicht immer angefasst werden, es ist aber gut zu wissen, dass sie in meiner Nähe sind.
Bitte sag ihnen, dass ich ihnen nicht leid zu tun brauche! Es ist ein normaler Prozess.“
Wie beurteilst du selbst deine jetzige Situation? Könntest du geheilt werden?
„Nein.“
Könnte deine Erkrankung gelindert werden?
„Ja. Dadurch würde sich mein Abschied verzögern. Ich weiss nicht, ob ich das möchte. Ich möchte jedenfalls nicht mehr zum Tierarzt.“
Nervt dich die Fürsorge deiner Menschen?
„Nein. Aber ich möchte nicht mehr zum Tierarzt. Ich liebe ihre Zuwendung und Fürsorge. Aber ich kann nicht immer so reagieren, wie sie möchten. Es strengt mich an. Ich brauche jetzt viel Konzentration auf mich selbst.“
Wie möchtest du aus dem Leben gehen? Brauchst du Hilfe dabei?
„Es ist noch nicht so weit. Ich brauche noch eine Weile.“
Ich erkläre Moritz, dass Menschen ihre geliebten Tiere schlecht leiden sehen können.
Er fragt „Warum? Sie werden irgendwann auch in dieser Situation sein! Sie müssen auch irgendwann mal ihren Körper verlassen“.
Bei Tieren sehen Menschen es so, dass diese nicht leiden sollen, wenn es keine Chance zur Heilung gibt, füge ich hinzu.
„Jedes Leid ist ein Prozess. Und ich gehe durch meine Phasen hindurch, nehme das alles an und dabei genieße ich die Liebe und Fürsorge meiner Menschen. Ich wünsche mir, dass sie unsere Zeit noch schätzen, die uns verbleibt.
Ich bin krank und werde meinen Körper verlassen. Der Sommer geht zu Ende und ich werde im Herbst gehen.“
O.K.! Wenn es aber immer schlechter geht, willst du dann vom Tierarzt erlöst werden?
„Nein, auf keinen Fall. Ich bin ein freier Kater. Ich möchte das selbst entscheiden.“
Möchtest du mir noch etwas anderes erzählen?
„Sag meinen Menschen, dass ich sie liebe. Dass ich ihnen sehr dankbar bin, für die gemeinsame Zeit und dass sie mich aufgenommen haben. Mein Leben war richtig schön mit ihnen. Ich hatte soviel Freiheit und Liebe. Ich bin ein eigenwilliger Kater, sie haben mich aber immer so akzeptiert wie ich bin. Dafür danke ich.“
Nachtrag:
Moritz ging seinen letzten Weg voller Würde und Anfang Oktober schlief er friedlich auf seinem Lager neben dem Kamin ein.